Clubcaller:
Dirk Loomans

Dirk Loomans

Dirks Mikrophon berichtet

Das Leben eines Mikrophons ist nicht einfach. Seit einigen Jahren liege ich nun in Dirks Koffer, nur selten holt er mich hervor - verwendet hat er mich schon lange nicht mehr. Zwar habe ich eine schicke Wohnung, ein Lederetui, daß wir von Dirks erster Klasse bei den Dip-N-Divers geschenkt bekamen, aber ab und zu würde ich einfach gerne mal wieder an die frische Luft. Dabei hatte alles so vielversprechend angefangen.
Mein erster Besitzer, war recht grob mit mir umgegangen, hatte mich ein paarmal fallen gelassen - ich habe noch heute eine Delle davon zurückbehalten - aber dann recht schnell an einen Secondhand Laden für Musiker verkauft. Dort lag ich dann ein bißchen herum, als ich von meinem jetzigen Besitzer entdeckt wurde. Erst war ich ziemlich skeptisch. Es handelte sich um einen gerade erwachsenen Jungen, der Caller oder so etwas werden wollte. Aber ob der wußte, wie man mit so jemanden wie mir richtig umgeht? Schließlich sind wir sensibel, so können wir's gar nicht ertragen, wenn jemand in uns hinein bläst. Doch schon bald stellte sich meine Befürchtungen als unbegründet heraus und es begann eine interessante Zeit.
Dirk, so hieß mein Neuer, hatte vor circa einem halben Jahr mit dem Callen begonnen. Das war 1985 gewesen. Drei Jahre vorher graduierte er bei den Dip-N-Divers als Tänzer. Als sein Caller Tommy Morgenroth "King of the Road" anstimmte, beschloß Dirk Caller zu werden. Sein Vater, der bis zu diesem Zeitpunkt auch den Kurs besucht, beschloß darauf hin, mit dem Tanzen lieber gleich aufzuhören.
Als meine Zusammenarbeit mit Dirk begann, versuchte er gerade unter Anleitung von Tommy das Callen zu erlernen, indem er ihm bei der ersten Klasse der Dip-N-Divers in der neuen Oberföhringer Square Dance Ranch half. Zwei Jahre später wechselte er zum Studium nach Bayreuth und begann dort auch gleich einen eigenen Square Dance Club mit Kommilitonen zu gründen. Gleichzeitig wurde er Clubcaller der Dip-N-Divers und so kam es, daß ich recht häufig zum Einsatz kam. Es entwickelte sich auch eine gute Beziehung zu den Border U Turn Backs in Hof und als im Herbst 89 die Mauer fiel, waren wir ein paar Wochen später in der DDR und begannen beim Aufbau eines Clubs in Plauen zu helfen.
In Bayreuth lernte Dirk über seine andere Leidenschaft, dem Theaterspielen, Manuela Matz kennen. Da er mich zum Theater nie mitnahm, fiel sie mir erst auf, als sich beide näher kamen.
1991 gingen wir dann nach Freiburg. Manuela begann dort ihre Zeit als Rechtsreferendarin und Dirk fertige seine Diplomarbeit an einem Freiburger Lehrstuhl für technische Physik an. Ein Jahr später begann er dort noch seine Promotion und ich hatte richtig zu tun. Dirk callte zeitweise für drei Clubs, Viewcastle Wheelers in Oberkirch, die Dreisam Swingers und die Dschungel Tänzer (Plus) in Freiburg. Wir hatten viel Spaß und für mich hätte es ewig so weiter gehen können. Ich begleitete ihn nach USA, England, die Tschechei, Taiwan und Japan.
Doch dann geschah das Unfaßbare! Dirk kaufte sich ein drahtloses Mikrophon und ich verschwand beinahe für immer in der Ledertasche. Mühsam mußte ich mich nun durch Gespräche mit seinen Platten auf dem laufenden halten. (Einige von ihnen halten sich für etwas Besseres, da sie seine "Lieblingsplatten" sind, andere teilen das gleiche Schicksal wie ich - sie kommen nie aus der Plattenkiste heraus.) Für ein paar Monate wurde ich an eine seiner Callerschülerinnen ausgeliehen, aber nur bis sie sich ein eigenes Mikrophon leisten konnte. Was ich jetzt erzähle kenne ich also nur aus zweiter Hand
Mittlerweile sind Dirk und Manuela vor ein paar Jahren Eltern geworden. Dirk hatte in Freiburg seine Callerei auf einen Club beschränkt und sich dafür mehr in der ECTA (European Callers and Teachers Association) engagiert. Er wurde erst Vize- dann Präsident der Organisation. Jetzt ist er auch mit seiner Promotion fertig und wir alle leben in Olching. Dirk callt seit ein paar Monaten für die Munich Swinging Bells. Vor ein paar Tagen hat er Ersatznadeln für den Plattenspieler seiner Anlage gesucht. Dabei stieß er auch auf mich in meinem Etui. Er nahm mich heraus drehte mich hin und her und hielt mich dann vor das Gesicht eines kleinen blonden Mädchens. "Schau mal Alyssa, das ist Papas altes Mikrophon". "Darf ich das haben?" - "Später vielleicht." Mit diesen Worten schob er mich wieder in die Tasche zurück. Schade, wie gesagt, ein bißchen mehr frische Luft täte mir ganz gut.

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Erstellt am 1.10.2000.

Zuletzt aktualisiert am 15.12.2011.

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